Über das Schellenband
Schellenbänder sind seit ewigen Zeiten und in vielen Kulturen beliebt.
So bindet sich im Mittelalter das fahrende Volk Klingeln um, also die Spielleute, Gaukler, Barden, Krämer und Vaganten, aber auch die Dirnen, damit man sie schon von Weitem kommen hört.
Wenn irgendwo Schellen klingeln, horchen die Menschen auf! Die Ängstlichen drücken sich in die Nischen der Gassen, holen ihre Wäsche von der Leine, sperren ihre Töchter in die Kammer und verrammeln den Weinkeller. Die Abenteuerlustigen kommen aus den Häusern gelaufen, freudig und neugierig zugleich, um sich von Musik und Tanz, Gaukelei und Geschichten oder einer liebreizenden Maid kurzweilen zu lassen.
Die Spielleute tragen breite, mit zahlreichen Glöckchen bestückte Schellenbänder um den Knöchel und tanzen und stampfen damit im Takt der Trommeln, Schalmeien, Drehleiern und Flöten.
Wird ein Beutelschneider beim Stehlen erwischt, droht ihm eine schlimme Strafe: Er wird dazu verurteilt, ein Schellenband zu tragen - damit er sich nicht mehr anzuschleichen kann!
In der Übergangszeit vom Mittelalter zur Renaissance kommt die klingelnde Zier auch bei den Edelleuten in Mode. Als nämlich das Führen von klappernden Waffen in der Öffenlichkeit verboten wird, tragen sie stattdessen am Gürtel oder Schulterriemen faustgroße Schellen zur Schau oder besser zu Gehör, um Aufsehen zu erregen.
Das Schellenband ist als Musikinstrument, Schmuck und Talisman auf der ganzen Welt zuhause:
Eine alte keltische Legende erzählt, daß Dein Schutzengel Dich durch das Klingeln Deines Schellenbandes besser finden und vor Gefahren behüten kann.
Seit ewigen Zeiten tragen die Schamanen der Naturvölker Schellen bei ihren Ritualen.
Im Orient tragen die Frauen unzählige Glöckchen beim Bauchtanz, in Indien zum Kathak-Tanz.
Zum Schutz werden Reisenden Schellenbänder empfohlen: Sie vertreiben in Indien die Schlangen und in Kanada die Bären!
Oft und gern werden Glöckchen bei der musikalischen Früherziehung oder zur Musiktherapie eingesetzt.
Nicht zuletzt auf mittelalterlichen Festen sind Klingelbänder als auffälliges Accessoire und witziger Schmuck beliebt.
Die Schellenmume
Am Kreuzweg, den zumeist man meidet
weil – und so sagen viele –
sich dort des Menschen Schicksal scheidet,
steht in des fahlen Nebels Kühle
die Schellenmum´mit ihrem Wagen
und harrt wortenlos dort aus
und zahllose Schellen liegen und lagen
in jenem Karren, wirr und kraus.
Wirr und kraus und ohne Sinn
und die Mume lächelt leis´
denn es ist doch ein Sinn darin
um den jedoch kein niemand weiß...
Sie hat, heißt es, ein Glöckelein,
das überaus einmalig wär
das schuf ein Zwergenmetz aus Stein
und wiegt zwei Pfunde schwer.
Eins hat sie aus Lindenlaub,
das klingt so wie der ferne Wald,
wird jedes Jahr des Herbstes Raub
blüht erst auf und welkt alsbald...
Eins hat sie noch aus Morgentau,,
das klingt wie keines auf der Welt,
hell und klar und silberblau,
und hat selten nur geschellt.
Die Mume, die kennt sieben Lieder,
zwei spielt sie stets und eines oft,
drei selten und eins niemals wieder
und oftmals, völlig unverhofft
drängt sich aus dem Glockenhauf´
ein Lied das niemand hören will,
nimmt seinen glockenhellen Lauf
und die Mume lächelt still.
Die sonderliche alte Frau
wird ein jedes Liedlein lieben
und kennt auch dieses ganz genau,
denn es gibt nur ihrer sieben...
Wie man die Glocken auch wendet und dreht,
erst eine, die nächste und eine andere noch,
am Ende stets ein Liedlein steht,
das eins von sieben bloß, und doch
trägt jedes jener sieben in sich
was immer das Leben an Rätseln birgt
und nur die Mume wunderlich
ist´s durch die der Zauber wirkt.
Schon eine ihrer Schellen reicht
- ob es auch unglaublich scheint -
zu spiel´n ein Lied, das keinem gleicht
und zugleich alle sieben meint:
Eins heißt Lieb´, ein andres Tod,
ein Lied heißt Lüge und eins wahr,
eins ist blau, das nächste rot
und eins hat keinen Namen gar.
So sie in die Schellen greift
beginnen diese, sich zu regen
dass bald ein Liedlein daraus reift,
das sich unter die Seel will legen...
Siehst du sie am Kreuzweg stehen
in der ein oder anderen Nacht
wirst alsbald du schon verstehen
worüber dort die Mume wacht.
Denn, greifst du in die Schellen ein
und spielst dein selbsteigenes Lied,
wird’s eines nur von sieben sein,
das auf der Mume Karren blüht
Christian von Aster